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Zeitverschobene Behandlungen («Parallelbehandlung»)
Ausgangslage:
Im Jahr 2018 trat das «Versichererteam» (Zusammenschluss der 7 grössten Krankenversicherungen) an uns heran. Grund dafür waren die hohen Leistungsausschüttungen für TCM-Behandlungen im Vergleich zu anderen Methoden der Alternativmedizin. Vor allem die «Parallelbehandlungen» wurden von den Versicherungen kritisiert. Neben der Kostenproblematik stand auch die Frage im Raum, ob bei zeitversetzten Behandlungen eine ganzheitliche Behandlung möglich ist oder ob die Qualität diesbezüglich leidet. Einzelne Versicherungen stellten Parallelbehandlungen grundsätzlich in Frage.
Das Versichererteam gab uns die Möglichkeit, uns zum Thema zu äussern und uns bei der Lösungsfindung einzubringen. Dies ist keine Selbstverständlichkeit.
Die Einführung der Tarifziffer 1146 für die «Liegezeit» zeigt, dass die Versicherungen weitere Massnahmen in diese Richtung ergreifen.
Lösungsfindung:
Die Versicherungen wollten wissen, wie viele Patienten in einer TCM-Praxis aus unserer Beurteilung gleichzeitig, bzw. zeitversetzt, behandelt werden können. Der Vorstand und die Qualitätssicherungskommission (QSK) des TCM Fachverband Schweiz befasste sich 2018 und 2021 intensiv mit dieser Frage. Es war beiden Gremien bewusst, dass die Versicherungen Parallelbehandlungen ohne unseren Input selber regulieren oder sich auf das EMR-Reglement berufen würden, wonach Parallelbehandlungen verboten sind. Beides wäre nicht im Sinne der TCM-Therapeut:innen.
Es gab verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Einerseits ist es in China üblich, mehrere Patienten zeitversetzt zu behandeln. Andererseits ist der Naturheilpraktiker mit eidg. Diplom in TCM ein anerkannter Beruf im Gesundheitswesen der Schweiz mit einem klar definierten Berufsbild.
Das Berufsbild verlangt, neben einer fachlich korrekten Arbeitsweise, dass der Patient ganzheitlich erfasst wird. Es muss eine therapierelevante Beziehung gestaltet und die Behandlung dem Genesungsfortschritt angepasst werden. Zudem muss der Patient unterstützt werden, die eigene Gesundheitskompetenz zu verbessern (siehe Handlungskompetenzen A des Berufsbildes).
Jede Fachperson des Gesundheitswesens, welche Patienten an TCM-Fachpersonen überweist, kann dieses Berufsbild einsehen und verlässt sich darauf, dass danach gearbeitet wird.
Der Vorstand und die QSK mussten sich also am Berufsbild für Naturheilpraktiker mit eidg. Diplom orientieren. Eine Überprüfung des Genesungsfortschritts und allenfalls daraus resultierende notwendige Anpassungen der Behandlung brauchen Zeit. Auch für die Förderung der Gesundheitskompetenzen des Patienten muss genügend Zeit eingerechnet werden.
Bei einer zu engen Abfolge von Patienten fehlt diese, um spontan ein Gespräch zu führen oder notwendige weitere Behandlungsformen (z.B. Tuina) anzuwenden.
Die Gremien kamen zum Schluss, dass diese Vorgaben des Berufsbildes nur umgesetzt werden kann, wenn maximal 2 Patienten zeitversetzt behandelt werden.
Umsetzung
Um einer nachteiligen Regulierung oder einem Verbot der Parallelbehandlung durch das Versichererteam zuvorzukommen wurde den Ethischen Richtlinien ein Anhang beigefügt. Der Vorstand hat bewusst kein Verbot oder eine Maximalzahl festgeschrieben. Im entsprechenden Passus steht lediglich, dass sich der TCM Fachverband von zeitversetzten Behandlungen mit mehr als zwei Patienten «distanziert». Mit dieser offenen Formulierung können Versicherungen auch drei oder mehr Patienten zeitversetzt zulassen und vergüten. Im Rahmen des VVG kann aber jede Versicherung selbständig Qualitätskriterien festlegen.
Das EMR hat auf die Versicherer dahingehend reagiert, indem es ihren Berufskodex angepasst hat: «Die Behandlung erfolgt durch mich persönlich und unmittelbar an der Patientin, damit ich die Sorgfaltspflicht gegenüber der Patientin wahrnehmen kann. Aus dem gleichen Grund verzichte ich auf Parallelbehandlungen (Behandlung mehrerer Patientinnen gleichzeitig), es sei denn, eine Parallelbehandlung ist in der entsprechenden Behandlungsmethode fachlich anerkannt. Auch in diesem Fall stelle ich sicher, dass die sorgfältige Behandlung jeder einzelnen Patientin vollumfänglich gewährleistet ist.» (EMR Berufskodex, Art. 2e)
In der TCM sind zeitversetzte Behandlungen unter Einhaltung der im Berufsbild beschriebenen Handlungskompetenzen möglich. Das EMR hat sich in der TCM auf die Parallelbehandlung von max. 2 Patienten festgelegt. Die Versicherungen können aber, wie oben erwähnt, eigene Regeln erlassen.